Kaula

Kula oder Kaula[1] ist eine sehr bedeutende Schule des kaschmirischen Shivaismusses. Kaula bedeutet in Sanskrit soviel wie 'Familie', 'Gruppe ' oder 'Ganzheit'.

Solche mystischen Strukturen existieren auf verschiedenen Ebenen und sind aus vielen auch komplementären verbundenen Teilen gebildet. Sie werden Familien genannt, um das gemeinsame vereinigende Band zu betonen, das der allerhöchste Gott ist, d.h. Shiva[2]. Die Praktiken der Kula gelten als mystisch und die Betonung liegt weniger auf philosophischen Erörterungen und mehr auf sofortiger Erfahrung. In ihrer Essenz ist Kula eine Form der körperlichen Alchemie wo die niederen Aspekte der Person in höhere aufgelöst werden, da sie alle als Form einer einheitlichen Gruppe angesehen werden, eine Kula, die sich an Shiva anlehnt.

Diese Schule ist ein Musterbeispiel für eine Schule des tantrischen linken Pfades, und hier hat die Shakti eine überragende Rolle.
'Kaulika' ist als eine Form der Shakti die bindende Kraft des Kula. Sie ist eine Energie sowohl von Geist als auch von Materie welche sie überbrückt und den Pfad der Evolution für das Bewusstsein vom Ego zum Spirituellen schafft.

Die Lehren des Kula[3] sind eine Grundgerüst des 'Tantraloka' und des 'Tantrasara'. Die Praktiken drehen sich um die Transformation der Sexualkraft und der niederen Kräfte unter kompetenter eingeweihter Führung. Das Ziel und der Höhepunkt der spirituellen Evolution ist hier ein extrovertierter alles beinhaltender Samadhi, die Bhairavi mudra, jagadananda oder der tranceartige Bhava Samadhi[4]. Im Kaula-System ist Mantra-Meditation eine geläufige Praxis. Ein diesbezügliches Werk ist das Kulanarva Tantra.

Es werden spezielle Mantrams in Form einer Gruppe von Phonemen verwendet. Die 50 Phoneme (varṇa) des Sanskrit - Alphabets werden als Keimsilben oder Samen-Mantras als Repräsentanten verschiedener Aspekte des Bewusstseins (cit) und der Energie (śakti) angesehen, die eine komplette Beschreibung der Realität beinhalten, d.h. von der untersten Ebene ('Erde') bis zum höchsten Shiva-Bewusstsein[5].

Abhinavaguptas Tantraloka beinhaltet eine Reihe diesbezüglicher Ritualpraktiken. Dabei kann es sich um den Bau eines Mandalas, die Visualisierung von einer Göttin oder eine Gruppe von Göttinnen (Shakti) handeln, um Rezitationen (japa), welche in einem Zustand der "Ruhe eines kreativen Bewusstseins" (camatkāra) durchgeführt werden , und auch von Opfergaben ins Feuer und dessen verinnerlichter Version sowie das Verbrennen von Objekte und Mitteln der Erkenntnis in das "Feuer" des nicht-dualen Bewusstseins (parāmarśa).

Kaula

Die Lehre des ‘Kaula’ beinhaltet:

  1. Akula – der Raum bzw. das Feld des Bewusstseins innerhalb aller erfahrenen Phänomene und aller gebundenen Einheiten oder Monaden des Bewusstseins - alle Wesen - kommen um zu sein(Shiva).
  2. Kula – jeder und alle Körper im Universum werden als gebundene Einheiten oder Monaden des Bewusstseins angesehen(Shakti)
  3. Kaula – die Einheit von Akula(Shiva) und Kula(Shakti), verstanden als Beziehung der Nichtdualität zwischen allen verkörrperten Monaden des Bewusstseins (Kula) und dem Raum des Bewusstseins um sie herum (Akula), eine Offenbarung der Nichtdualität oder untrennbaren Unterscheidung, vergleichbar mit der zwischen dem Raum und jedem Objekt in ihm, wobei die Objekte sowohl unterschiedlich als auch untrennbar vom Raum sind, in dem sie auffallen oder existieren.

Absolute Freiheit ist im Kaula nur in der der Einheit des Geistes mit Gott(Shiva), ein als Atma-vyapti oder Shiva-vyapti (Zurückabsorption in das höchste Bewusstsein Shivas) beschriebener Zustand, zu finden.


Eine mit Kaulika vergleichbare Shakti, die sowohl Geist als auch Materie überbrückt, ist Samantabhadri (Tib. ཀུན་ཏུ་བསང་མོ་, Kuntu Zangmo) des Samantabhadra-Buddha.[55]

Referenzen

  1. http://www.newworldencyclopedia.org/entry/Kaula
  2. The Triadic Heart of Shiva, Paul Muller-Ortega, S. 102
  3. [Abhinavagupta: the Kula ritual , nach Kapitel 29 des Tantraloka, Band 5 von Tantra Series, Autoren John R. Dupuche, Abhinavagupta (Rajanaka.), Jayaratha, Übersetzt von John R. Dupuche, Verlag Motilal Banarsidass Publishers, 2003]
  4. https://en.wikipedia.org/wiki/Bhava_samadhi
  5. Muller-Ortega, Paul (1989), The Triadic Heart of Siva, Albany: State University of New York Press, ISBN 0-88706-787-5

Weblinks