Neuplatonismus

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Das Wort Neuplatonismus steht für letzte Schulrichtung im antiken Platonismus, der eine der bedeutendsten Strömungen der griechischen Philosophie darstellte.

Entstehung

Der Neuplatonismus entstand vor der Mitte des 3. Jahrhunderts aus dem Mittelplatonismus. Als sein Gründer gilt Plotin, der in Rom eine Philosopieschule hatte.

Der Neuplatonismus breitete sich von Rom über das römische Reich aus. In der Spätantike war er die einzige übriggebliebene Variante des Platonismus. Kennzeichnend für den Neuplatonismus war das Bestreben, Platons Philosophie als umfassendes metaphysisches System zu interpretieren.

Der Neuplatonismus dominierte auch das philosophische Denken dieser Epoche. Die anderen traditionsreichen Schulen der antiken Philosophie waren insbesondere durch den Einfluss des zur römischen Staatsreligion erhobenen Christentums weitgehend erloschen.

Die Einstellung der Kirchenväter zum Neuplatonismus war zwiespältig. Philosophen wie der Mittelplatoniker Kelsos(Celsus) und der Neuplatoniker Porphyrios waren die literarischen Hauptgegner des Christentums. Andererseits sprach die starke Betonung der Metaphysik und besonders der Einheit und Transzendenz der höchsten Gottheit auch einige christliche Theologen an.

Lehre

Im neuplatonischen Weltbild ist das Eine das erste und oberste Prinzip. Es wird als völlig undifferenziert beschrieben und bildet den äußersten Gegensatz zum Differenzierten und Mannigfaltigen.
Auf das Eine folgt unmittelbar der überindividuelle Nous (Geist, Intellekt) als zweithöchste Wirklichkeitsebene. Dieser geht aus dem undifferenzierten Einen hervor, ohne dass die Quelle selbst davon betroffen ist und sich dabei irgendwie verändert.

Nach der neuplatonischen Lehre wird die materielle Welt der Sinnesobjekte von der geistigen Welt hervorgebracht und von der Weltseele(Nous) und den übrigen Seelen belebt. Die Neuplatoniker führten alls Niedrigere auf ein Höheres zurück und leiteten die gesamte Wirklichkeit letztlich aus einem einzigen höchsten Prinzip ab. Die Materie ist die Ursache der Schwäche und Schlechtigkeit der einzelnen Seelen, die sich der Materie zuwenden und dadurch geschwächt werden.

In den neuplatonischen Schulen fasste man den Unterricht daher nicht als bloße Wissensvermittlung auf. Von den Schülern wurde eine Lebensweise nach philosophischen Grundsätzen erwartet. Das neuplatonische Philosophieren war dabei stark auf die Lebenspraxis des Philosophen ausgerichtet.

Richtungen

Innerhalb des Neuplatonismus bildeten sich dann verschiedene Richtungen, zwischen denen gewichtige Unterschiede bestanden. Die Neuplatoniker beriefen sich zwar auf die Lehren Platons, legten diese jedoch vielfach eigenwillig aus. Beispielsweise zählten sie zumeist auch Aristoteles zu den Platonikern, obwohl dieser seinem Lehrer Platon in Vielem widersprochen hatte.

Isaak (ben Salomon) Israeli (lateinisch Isaac Judaeus, hebr. Jizchak ben Schlomo Jisraeli) war der Begründer der neuplatonischen Strömung in der mittelalterlichen jüdischen Philosophie.

Ab dem 9. Jahrhundert verbreiteten sich die neuplatonisch geprägten Schriften des Pseudo-Dionysios in ihrer lateinischen Übersetzung aus dem Griechischen. Sie standen in hohem Ansehen, da sie als Werke eines Apostelschülers galten. Auch Meister Eckhart gehörte zu den neuplatonisch orientierten Denkern des Spätmittelalters.

Die späten Neuplatoniker bauten das System Plotins zu einem komplexen Modell der geistigen und der sinnlich wahrnehmbaren Welt aus. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts setzte eine intensive Plotin-Rezeption ein, wobei die Arbeit des humanistischen Platonikers Marsilio Ficino grundlegend war, der um 1485 Plotins Schriften ins Lateinische übersetzte und sie aus der Perspektive seines christlichen Neuplatonismus kommentierte. Weitere bekannte Neuplatonisten waren Anne Conway und Henry More(1614-1687).

Der Schriftsteller und Übersetzer Thomas Taylor († 1835), der sich nachdrücklich zur platonischen Tradition bekannte und daher auch Thomas Taylor der Platoniker genannt wurde, übersetzte Texte der Neuplatoniker Plotin, Porphyrios, Iamblichos, Synesios und Proklos in die englische Sprache und machte so breitere Kreise mit dem Neuplatonismus bekannt. Weitere bekannte Neuplatonisten waren Anne Conway und Henry More(1614-1687).

Literatur

  • Clemens Zintzen: Die Wertung von Mystik und Magie in der neuplatonischen Philosophie (PDF, 7,2 MB)
  • Raif Georges Khoury, Jens Halfwassen (Hrsg.): Platonismus im Orient und Okzident. Neuplatonische Denkstrukturen im Judentum, Christentum und Islam. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5006-1.
  • Werner Beierwaltes: Denken des Einen. Frankfurt am Main 1985, Klostermann Vittorio Gmbh 2016, ISBN: 9783465039563
  • Dirk Cürsgen: Henologie und Ontologie - Die metaphysische Prinzipienlehre des späten Neuplatonismus. Königshausen & Neumann, Würzburg 2007, ISBN 978-3-8260-3616-3.

Weblinks