Anatta

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Anatta (Pali ; Atta : das Angenommene) oder Anātman (Sanskrit : 'Ohne Atman') , Nicht-Selbst', 'Nicht-Ich' oder auch 'Unpersönlichkeit'. Dieser Begriff zählt zu den Kernpunkten der buddhistischen Lehre, und daher wurde der Buddha als anattā-vādī('Verkünder der Unpersönlichkeit') bezeichnet.

Mit Anatta ist grob gemeint, dass keine Existenz ein festes Selbst hat. Das was normalerweise als 'Selbst' betrachtet wird, ist eine Ansammlung von sich ständig verändernden physischen und psychischen Bestandteilen („Skandhas“). Nibbana (oder asankhatadhamma, der Zustand des Stillstands aller weltlichen Zustände) wird als Nicht-Selbst angesehen.

  • In der alten buddhistischen Lehre bildet Anatta zusammen mit Dukkha und Anicca die 3 Daseinsmerkmale der bedingten Existenz. In den Quellen des theravadischen Pali Kanons erfolgt allerdings zumeist eine Beschreibung und Kommentierung der äußeren Welt und ihrer Sinneseindrücke.

Ob der Buddha nur lehrte, daß nur im Bereich des Samsara Nichts eine feste Existenz hat, da ja das Nirvana kaum erläutert wurde, ist heute leider nicht mehr feststellbar.

Zur späteren mit dem höheren Brahman vergleichbaren Trikaya - Dreikörperlehre des Vajrayana(und damit zum Buddha-dhatu) hat sich der Buddha nicht äußern können, diese wären dann auch ohne Substanz, ebensowenig zur großen Leere des Vajrayana, die er so nicht lehrte.

Die Interpretation von Anatta als 'Nicht-Ich' (Vis. XVII[1]) bedeutet in der angefochtenen brahmanischen Lehre, daß das gewöhnliche Ich(Ahamkara) eine Illusion im Sinne von Maya ist.

Anatta und Samsara

Die Lehre von Anatta und die Lehre der Wiedergeburt scheinen einander auszuschließen. Ohne irgendein Selbst gibt es keine dauerhafte Essenz einer Person. Da Frage ist, was dann wiedergeboren wird.
Buddha diskutierte dies in der 5. Lehrrede im Kūtadanta Sutta des Dígha Nikaya in einem Gespräch mit einem Brahmanen namens Kutadanta. Danach stellt der sog. karmische Impuls die Verbindung zwischen den einzelnen Leben her ohne Übertragung einer Substanz. Wie bei einer brennenden Kerze wird in dem Moment des Verlöschens eine neue Kerze an der Flamme entzündet. So bleibt die Flamme erhalten, der Brennstoff ist ein neuer.

Evtl. bezog Anatta sich ursprünglich nur auf das Samsara und nicht auch auf das im Theravada nicht ausreichend spezifizierte Nirvana bzw. auf die ewige Buddhanatur (Buddha-dhatu).
Insbesondere der zweite Teil des Mahānidānasutta (Dig.Nik. II 66ff; vgl. Oetke, Claus: Ich und das Ich. Stuttgart 1988, S. 130-151) und auch Stellen wie MN I 297, II 263 oder SN IV 54 (Nr. 35.85), wonach diese Welt hier leer ist von einem Selbst und solchem, das einem Selbst zueigen ist, scheinen zwar einer Existenzbestreitung recht nahe zu kommen. Solches ließe sich aber durchaus auch in einem schwächeren Sinne verstehen, daß unter den erfahrbaren Dingen der Welt, nichts vorkommt, das es verdiente, als Selbst oder dem Selbst zueigen bezeichnet zu werden[2].

Obige Darstellung lässt Zweifel an der Autentiziät der Lehrrede aufkommen, da ein wahrer Buddha mit Nirvana ja in einem vom materiellen Körper verschiedenen leidfreien ziemlich unvergänglichen Dharmakaya-Körper lebt, was gerade die Erleuchtung ausmacht. In diesem Erleuchtungskörper(hindu. Paramatma Purusha) lebt ein Buddha nach seinem Tod in seinem Buddha-Loka wie andere Buddhas weiter.
Im Majjhima Nikaya (MN I 341f; 413) heist es an mehreren Stellen, ein erlöster Mönch lebe mit Brahman seiendem Selbst (brahma-bhūtena attanā).

Yogacara

Nach dem Yogacara als der einen Richtung des Mahayana entstehen alle wahrnehmbaren Phänomene nur auf Grundlage des Geistes und sind als solche substanzlos.

Mahayana

Ein anderes Verständnis dieser Lehre[3] – wie es z.B. in den Tathagatagarbha-Schriften des Mahayana als vom Buddha verkündet erläutert wird − beinhaltet, dass zwar die fünf vergänglichen Skandhas kein festes Selbst(Anatman) haben, da sie der Veränderung und dem Verfall unterworfen sind.
Jenseits dessen befindet sich aber noch das ewige Buddha-Prinzip bzw. die Buddhanatur(Buddha-dhatu), über der einige Richtungen noch die grosse Leere positionieren. Das Angulimaliya-Sutra besteht eindringlich darauf, daß das Tathāgatagarbha und das Selbst (Ātman) wirklich sind, und daß die Verleugnung ihrer Existenz bedeutet, in einen Zustand eines gefährlichen spirituellen Ungleichgewichts zu verfallen. Daher sei es von großem Wert, die Tathāgatagarbha zu suchen, die mit dem wahren Selbst gleichgesetzt wird.

Im Nirvana - Sutra ist Buddha-dhatu das wahre Selbst und das Selbst Buddhas, das keinen Tod kennt. Im Tathagatagarbha Sutra erklärt der Buddha, dass er das verborgene Buddha-Juwel mit seinem Buddha-Auge in jedem Wesen sehen kann.

Die Wahrnehmung des tief in jedem Wesen verborgenen unvergänglichen wahren Selbstes(satya-atman) kann jedoch nur durch die Erleuchtung erreicht werden. Dementsprechend lehrt der tibetische Buddhismus die Dreikörperlehre und nähert sich unbewusst der hinduistischen Paramatma-Lehre an.

Hinduismus

Die späteren Upanishaden rückten etwas vom alten 'Ich bin' ab wie z.B. die Chandogya Upanishade [4] und sahen einen Atman, der nur in das höchste Brahman hineinragt (Jivatma) bzw. auch den Atman als das Licht des Brahman.

Sie sahen die höchste Realität jenseits dieses Selbstes.
Der Shivaismus spricht diesbezüglich selbst noch vom göttlichen All-Ich Sadashivas, der jenseits der Trimuti und auch jenseits der Leere im Satyaloka bzw. Parabrahman des Hinduismusses residiert.

  • Kommentar : Das hinduistische Selbst - der Atman des Hinduismusses - ist nicht das von den Buddhisten als aus den fünf Aggregaten ableitbar kritisierte veränderliche Selbst. Der Hinduismus kennt zudem noch den im Buddhismus nicht erwähnten Jivatma, der die Wiedergeburten überlebt. Hier liegt wohl auch ein Missverständnis vor. Der hinduistische Atman ist das Licht des Brahman und entspricht dem von den Trikaya ausgestrahlten Licht. Die Begriffe Dharmakaya und Paramatma Purusha beschreiben dieselbe spirituelle Wirklichkeit.
    Der sog. karmische Impuls, der die Wiedergeburten regelt, liefert keine logische Aussage über das, was wiedergeboren wird, evtl. auch in einer der Höllen des Samsara (d.h. über höhere Körper). Inwiefern hier Fehler in der Überlieferung und Verbiegungen durch bestimmte Schulen mit heineinspielen, ist nicht mehr nachvollziehbar.

Literatur

  1. Charlie Rutz: Rolle und Bedeutung des Nicht-Selbst im frühen Buddhismus, Diplomica Verlag, Hamburg, 2010, ISBN 978-3-8366-9079-9
  2. Brown, Brian Edward, The Buddha Nature: A Study of the Tathāgatagarbha and Ālayavijñāna, 2010
  3. Die Nicht-Selbst Strategie PDF
  4. How to See Yourself As You Really Are ; Ph.D. Jeffrey Hopkins, His Holiness the Dalai Lama, Atria Books; 2007; ISBN-10: 0743290461 ISBN-13: 978-0743290463 (Das Buch handelt großenteils über Anatta)
  5. Atman und Nirvana im frühen Buddhismus, Lambert Schmithausen
  6. The Buddhas Doctrine of Anatta - Buddhadasa Bikkhu
  7. Texte zu Anatta
  8. Self and Non-self in Early Buddhism, Joaquín Pérez-Remón
  9. A Discourse on theAnatalakkhaṇa Sutta, by The Venerable Mahāsi Sayādaw
  10. The Refutation of the Self in Indian Buddhism: Candrakīrti on the Selflessness of Persons, James Duerlinger, Routledge,2013

Referenzen

  1. http://www.palikanon.com/visuddhi/vis17.html
  2. Ātman und Nirvāna im frühen Buddhismus, Lambert Schmithausen, S. 7
  3. https://en.wikipedia.org/wiki/Anatta#Anatta_in_Mah.C4.81y.C4.81na
  4. www.zeno.org/Philosophie/M/Anonym/Sechzig+Upanishads+des+Veda/Die+Upanishad%27s+des+Atharvaveda/Nrisinha-uttara-t%C3%A2pan%C3%AEya-Upanishad

Weblinks